Die Redewendung „Schlaf ist die beste Medizin“ hat sich nicht umsonst in unserem Sprachgebrauch etabliert. Das gilt für Erwachsene, aber noch mehr für unsere Kinder. Sie benötigen einen gesunden Schlaf für die Entwicklung von Geist und Körper. Denn erwiesenermaßen ist ausreichend Babyschlaf wichtig für die Gesundheit, das Wachstum, die geistige Leistungsfähigkeit, das Gewichtsmanagement und vieles mehr.
Allein die große Anzahl an Studien über den gesunden Schlaf von Kindern zeigt, wie viel Relevanz die Medizin dem Thema beimisst. Eine interessante bundesweite Untersuchung stammt vom Robert-Koch-Institut. Die „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Adipositas_Monitoring/Verhalten/PDF_Themenblatt_Schlaf.pdf?__blob=publicationFile ) hat Daten in zwei Schüben gesammelt, von 2003 bis 2006 und von 2014 bis 2017. Das Robert-Koch-Institut sieht nach Auswertung dieser Daten einen direkten Zusammenhang zwischen mangelndem Schlaf und einem erhöhten Adipositasrisiko bei Kindern. Wer müde ist, friert schneller, macht weniger Sport und hat generell mehr Appetit. Das Institut betont die Relevanz von Schlafdauer, aber genauso Schlafqualität.
Eine Studie in der Zeitschrift Sleep vom Mai 2011 belegt wiederum, eine Verbindung zwischen dem Zeitpunkt des Schlafengehens und der ausreichenden Ausschüttung von Wachstumshormonen. Dem kann man mit regelmäßigen Zu-Bett-geh-Zeiten und einer guten Routine entgegenwirken. Früh übt sich, so kann später auch vermieden werden, dass Schlafmangel zu schlechten Leistungen in der Schule und Verhaltensproblemen führt.
Wie sich der Schlaf von Babys und Erwachsenen unterscheidet
Auch wenn die Schlafenszeiten der Eltern vor allem im ersten Lebensjahr durch den Schlafrhythmus ihres Kindes bestimmt wird, unterscheidet sich das Schlafverhalten von Erwachsenen und Kindern grundsätzlich deutlich. Während Eltern ausreichenden Schlaf benötigen, um zu regenerieren und zu verarbeiten, passiert im Körper eines Babys eine ganze Menge mehr im Babyschlaf und es hat andere Schlafphasen. Als würde man ein fertiges Haus, an dem mal ein Dach erneuert oder die Fassade umgestrichen wird, mit einem bloßen Grundstück vergleichen, auf dem gerade mal der Grundstein gelegt wurde.
Wenn Erwachsene schlafen, durchlaufen sie normalerweise fünf Phasen des Schlafes sowie die Traumschlafphase, auch REM-Schlaf genannt (rapid eye movement). In dieser Phase ist das Nervensystem besonders aktiv. Alle Muskeln erschlaffen. Das während der Einschlafphase häufig auftretende Muskelzucken ist hier nicht mehr möglich. Der Schläfer ist leicht zu wecken, obwohl er in dieser Phase meistens träumt. Erwachsene verbringen etwa 50 Prozent ihrer Schlafenszeit in Phase 2, 20 Prozent im REM-Schlaf und 30 Prozent in den anderen Phasen.
Babys hingegen verbringen ganze 50 Prozent ihrer Schlafenszeit im REM-Schlaf. Erst in den anderen Phasen, in denen des Tiefschlafes, ruhen sich unsere Gehirnzentren aus. Der Atem geht langsam, der Blutdruck fällt, die Muskeln entspannen sich und Energie wird wieder hergestellt. Das Ganze etwa 90 Minuten lang, bis das Gehirn uns langsam aus dem Tiefschlaf holt und hinein in den besagten REM-Schlaf gleiten lässt. Wir beginnen zu träumen und unsere Augen bewegen sich unter den Lidern. Danach fallen wir wieder in den Tiefschlaf.
Während Erwachsene diese Übergänge fließend beherrschen, müssen Säuglinge und Kinder sie noch erlernen. Deshalb sind sie zwischen den Zyklen am meisten gefährdet, mitten in der Nacht aufzuwachen.
Der Leichtschlaf bei Kindern ist zum Beispiel daran erkennbar, dass sie Grimassen ziehen und die Gesichtsmuskeln zucken. Außerdem sind die Schlafzyklen von Säuglingen sehr viel kürzer als die von Erwachsenen, sie dauern 50 bis 60 Minuten.
Babys schlafen insgesamt nicht so tief wie Erwachsene. Doch aus gutem Grund: REM-Schlafphasen sind evolutionär bedingt deshalb so wichtig, damit Kinder zum Füttern aufwachen, Kälte spüren oder sich über verstopfte Nasen beschweren. Schlafforscher glauben, dass der REM-Schlaf dem Gehirn des Säuglings hilft, sich zu entwickeln, weil es sich während dieser Phase nicht ausruht. Im Gegenteil: Der Blutfluss verdoppelt sich beinahe und der Körper produziert mehr Nervenproteine. Womöglich werden auch Lernprozesse befördert.
Der Babyschlaf – So viel Schlaf braucht ein Kind
Aber wie viel Schlaf brauchen Kinder überhaupt und was sind die richtigen Zu-Bett-Geh-Zeiten? Das unterscheidet sich nach Altersgruppen und natürlich auch nach Kind. Neugeborene Babys schlafen sehr viel und brauchen am Tag zwischen 16 und 18 Stunden Schlaf. Dieser sollte mehr oder weniger gleichmäßig zwischen Tag und Nacht verteilt liegen. Kinder zwischen sechs und neun Monaten schlafen täglich etwa 12 bis 15 Stunden. Interessant ist dabei, dass Babys, die in der Stadt aufgezogen werden, eher zu einem unterbrochenen Schlaf neigen. Ein weiterer Unterschied entsteht durch die Art und Weise des Stillens: Babys, die mithilfe von Muttermilchersatz gestillt wurden, schlafen häufig länger an einem Stück.
Mithilfe einer guten Routine kann man dafür sorgen, dass die Schlafenszeiten sich mehr und mehr in die Nacht verlagern. Trotzdem haben Neugeborene viel kürzere Schlafzyklen als wir. Ihre Mägen sind anfangs kaum so groß wie eine Walnuss, somit nehmen sie nur eine kleine Menge an Milch gleichzeitig auf und haben etwa alle drei Stunden Hunger. Damit ist das konsequente nächtliche Durchschlafen einfach nicht möglich. Der momentane Konsens ist, dass Babys gefüttert werden sollen, wenn sie danach verlangen.
Babyschlaf – Wann ist es möglich, eine Schlafroutine mit meinem Baby zu entwickeln?
Es gibt also wenig, was wir tun können oder sollten, um den Schlafrhythmus von Neugeborenen zu beeinflussen. Erst wenn sich ein Muster in dem Fütterungsverhalten des Babys erkennen lässt, kann damit begonnen werden, eine Routine für den Babyschlaf zu entwickeln.
Die gute Nachricht: Häufig ist das bereits mit sechs Wochen der Fall und es lassen sich zumindest Gewohnheiten im Babyschlaf erkennen. Wenn das Baby beispielsweise während des Fütterns oder während es getragen wird, einschläft, kannst du versuchen, es immer an den selben Ort zu legen. Egal ob Baby-Körbchen, Krippe oder ein Kinderwagen. So fängt es an, einen bestimmten Ort mit Schlaf zu verbinden. Doch es gibt auch noch weitere Tipps und Tricks je nach Altersgruppe:
- Energie los werden! Wie wäre es, wenn du zu ähnlichen Zeiten beispielsweise Ballspiele in euren Alltag integrierst. Nur wer überschüssige Energie los wird, kann gut schlafen. Ist dein Baby noch sehr jung, kannst du den Ball bereits vor ihm herumrollen. Schaffe aber keine Ablenkungen während des Essens, um unangenehme Gewohnheiten zu vermeiden. Gesellig darf es natürlich trotzdem sein!
- Geräuschkulissen können helfen. Besonders gut eignen sich natürlich Schlaflieder oder Gute-Nacht-Geschichten. Dies ist eine Chance, nochmal wertvolle Zeit mit dem Kind zu verbringen. Aber gewöhne dein Baby auch an Tagesgeräusche wie das Radio und Haushaltgeräte. Junge Babys lassen sich oft schon mit einfachen Dingen wie dem Beobachten der sich drehenden Waschmaschine unterhalten.
- Ohne Körperpflege fühlt sich niemand wohl. Hände und Gesicht sollten vor dem Schlafengehen gewaschen werden, ein tägliches Bad ist kein Muss. Windeln wechseln und ab in einen gemütlichen Schlafanzug. Zähneputzen nicht vergessen! Davor kann mithilfe von Zahnfleischmassagen geübt werden.
- Die richtige Atmosphäre im Schlafzimmer ist das A&O. Es muss ruhig sein und auch die Schlafzimmertemperatur sollte stimmen. Keine flimmernden Bildschirme, dafür geschlossene Vorhänge und gedimmtes Licht.
- Gute Nacht sagen nicht vergessen. Mama, Papa oder den Geschwistern kann gemeinsam eine Gute Nacht gewünscht werden. Vielleicht auch dem aller liebsten Teddy auf der Welt? Begleitet vom richtigen Stofftier, fühlen viele Kinder sich wohler.
- Kuscheln tut gut, aber zur richtigen Zeit. Setze dein Kind am besten bereits in die Krippe, wenn es zwar schläfrig, aber noch wach ist. Babys möchten gehalten werden und menschliche Wärme spüren. Trotzdem sollten Kuschelzeiten auf den Tag verlegt werden, damit das Einschlafen erlernt wird. Versuche der Versuchung zu widerstehen, dein Baby nachts in den Schlaf zu schaukeln. Es sollte lernen, sich selbst zu beruhigen.
Wieso schreit mein Baby?
Ganz einfach: Babys schreien, weil es ihre einzige Möglichkeit ist, uns ihre überlebenswichtigen Bedürfnisse mitzuteilen. Manche Babys schreien vielleicht etwas mehr als andere, aber sobald ihr euch Zeit gebt und gegenseitig kennenlernt, werdet ihr ein Team werden. Du wirst immer besser darin, aufkommendes Schreien zu verhindern, zum Beispiel indem du es fütterst bevor es hungrig wird, Winden wechselst, bevor es bemerkt, dass es nass ist, und es in den Arm nimmst, wenn es unruhig zu sein scheint. Gleichzeitig hilft die Erfahrung, Arten von Geschrei zu unterscheiden. Hilft mein Kind zum Beispiel, weil es Schmerzen hat?
Unsere Babys brauchen uns. Reagiere deshalb möglichst sofort. Versuche herauszufinden, was die Ursache für das Unbehagen deines Babys ist, es zu trösten und zu beruhigen. Der zuverlässige und gefühlvolle Umgang mit dem Weinen und Schreien des Babys, besonders in den ersten Lebensmonaten, kann nicht mit Verwöhnung gleichgesetzt werden. Deine Zuneigung hilft dem Kind zu lernen, innere Erregung zu verstehen und einzuordnen. In der Regel schreien Säuglinge, die von Anfang an rasch beruhigt werden, in den kommenden Wochen weniger. Erst in einem Alter von etwa einem halben Jahr, kann durch zu schnelles und zu häufiges Eingehen auf das Schreien ein Gewöhnungseffekt eintreten, der wiederum vermehrtes Schreien provozieren könnte.
Besonders gefährlich: Das Schreien lassen oder Schütteln der Kinder
Die Methode des Schreien lassens, ist völlig veraltet. Sie kam in den 1880er Jahren auf, als die Medizin paranoid darüber wurde, dass Keime verteilt werden könnten. Die Menschen dachten, der körperliche Kontakt mit einem Baby könnte die Ausbreitung von Infektionen befördern. Heute wissen wir, dass im Gegenteil das „Durchschreienlassen“ eines Babys schädlich ist. Mithilfe von Speicheltests konnte herausgefunden werden, dass Stresshormone ausgeschüttet werden, die die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen. Zudem haben Forscher der Harvard Universität herausgefunden, dass die Konsequenzen von anhaltendem Stress in jungen Jahren noch bis ins Erwachsenenalter reichen können. Stress kann für Angst und Depressionen mitverantwortlich sein. Einige Studien beschreiben auch, dass Kinder die schreien gelassen werden, häufiger ADHS entwickeln. Dies führt später wiederum zu schlechten Leistungen in der Schule und antisozialem Verhalten. So müde wir selbst uns als Elternteil auch manchmal fühlen, wir sind dafür verantwortlich unserem Kind die Chance zu schenken, ein Urvertrauen aufzubauen. Denke dabei immer: die anfangs so anstrengende Zeit geht irgendwann vorbei. Jedes Kind, das Urvertrauen aufgebaut hat, wird früher oder später ruhiger und entspannter und weniger schreien. Dann ist unsere Zeit gekommen und wir können auch wieder besser und ruhiger schlafen. Und wenn dieser Zeitpunkt da ist, haben wir die anfängliche, anstrengende Phase unserer Kinder meistens schon wieder vergessen oder sie als „gar nicht so schlimm“ in Erinnerung.
Dabei geht es auch darum, unserem Kind zu vermitteln, dass es gehört werden kann. Dass Bemühungen Sinn machen, wenn man Dinge erreichen will. Ein Lerneffekt, der ein Leben lang wichtig ist. In dem Buch „The Essential First Year. What Babies need Parents to Know“ von Elternexpertin Penelope Leach kann man einiges darüber lernen. Sie erklärt den Zusammenhang zwischen früh bedingter Angst und Angst mitten im Erwachsenenleben. Wir reden über Babys, die wiederholt beim Schreien allein gelassen werden, und auf die gar nicht eingegangen wird.
Leider kommt es manchmal sogar dazu, dass Eltern für wenige Sekunden so sehr die Kontrolle über sich verlieren, dass sie ihr Baby schütteln. Das kann dazu führen, dass ein Kind lebenslängliche Beeinträchtigungen davon trägt. Babys können ihren Kopf noch nicht alleine halten, er wird beim Schütteln vor- und zurückgeworfen und es kann zu schweren Verletzungen im Gehirn kommen. Man spricht dann von einem Schütteltrauma mit schweren Folgen wie zum Beispiel Krämpfen, Lernschwierigkeiten oder sogar Erblindung und Sprachstörungen.
Wir beenden diesen Artikel, wie wir ihn begonnen haben: Mit einem Sprichwort.
„Der Schlaf ist ein Dieb, der uns die Hälfte unseres Lebens stiehlt“, heißt es im allgemeinen Sprachgebrauch. Wie die letzten Sätze belegen, ist nur bedingt etwas an dieser These dran. Denn immerhin macht Schlaf unser Leben überhaupt erst möglich. Gönnen wir unseren Kleinsten deshalb so viel davon, wie sie brauchen, und freuen uns auf die Pubertät. Dann können wir uns darüber aufregen, dass sie nicht vor der Mittagsstunde aufstehen wollen.